Reiserücktritt und Reiseabbruch sind „zweierlei Paar Schuh“. Wenn eine bereits vorab bezahlte Reise etwa wegen Krankheit, Unfall oder finanziellen Engpässen ausfällt, hilft eine Reiserücktrittsversicherung (RRV) dabei, wenigstens den finanziellen Schaden für den verhinderten Urlauber in Grenzen zu halten. Anders bei einem Urlaubsabbruch, bei ihm braucht es eine Reiseabbruchversicherung (RAV).

Da erkrankt spontan ein Familienmitglied, der Arbeitgeber streicht den bereits versprochenen Urlaub, die Kinderbetreuung klappt nicht oder eine vergessene Rechnung verschlingt das bereits für die Ferientage fest eingeplante Taschengeld. Gründe, einen Urlaub gar nicht erst anzutreten gibt es viele. Nicht selten behalten die Reiseveranstalter bei solch einem Storno bis zu 75 Prozent des Reisepreises ein. In diesen Fällen kann eine Reiserücktrittsversicherung (RRV) einen Teil der Auslagen erstatten – vorausgesetzt, man beachtet einige wesentlichen Dinge. Zum Beispiel, dass eine RRV grundsätzlich nur bis zum Reisebeginn greift.

Von einer einmal angetretenen Reise kann man aus versicherungsrechtlicher Betrachtungsweise nicht mehr zurücktreten, man kann sie nur abbrechen. Für diesen Fall braucht es folglich eine Reiseabbruchversicherung (RAV). Diese wird nur von einigen Versicherern angeboten, und oftmals nur in Kombination mit einer RRV. Die RAV greift stets und nur dann, wenn ein triftiger und unvorhergesehener Abbruchgrund während der Urlaubsreise auftritt.

Welche Schäden deckt die Reiserücktrittsversicherung ab?

Die folgenden Urlaubs-Hinderungsgründe, die allesamt mehr oder weniger ursächlich mit dem Versicherten zusammenhängen, werden von praktisch allen RRV abgedeckt.

Dazu zählen insbesondere:

  • schwere Krankheiten
  • Unfall oder Tod
  • Schwangerschaft
  • Impfuntauglichkeit (eventuell Kulanz, wird nicht immer akzeptiert)
  • unerwarteter Verlust oder Antritt eines Arbeitsplatzes
  • unerwartete Schwierigkeiten bzgl. der Betreuung daheimgebliebener Kinder

Was ist in der Regel nicht versichert?

Die RRV greift in der Regel nicht bei äußeren Umständen – also bei Ursachen, für die der Versicherte eigentlich gar nichts kann.

Dazu zählen insbesondere:

  • Naturkatastrophen im Urlaubsland (Überschwemmungen, Erdbeben etc.)
  • politischen Unruhen im Urlaubsland (Bürgerkrieg, Putsch etc.)
  • Reiserücktritt wegen amtlicher Reisewarnungen
  • ein Konkurs des Reiseveranstalters
  • Streiks, etwa des Flughafenpersonals

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die RRV stets und nur dann eintritt, wenn die Ursache für den verhinderten Reiseantritt beim Versicherten selbst liegt. Emotionale Ursachen wie etwa Flugangst, Trauer oder mangelnde Urlaubsmotivation werden übrigens von den Versicherern nicht als hinreichender Stornogrund akzeptiert. In solchen Fällen bleiben Sie auf sämtlichen Kosten sitzen.

Welche Schäden deckt die Reiseabbruchsversicherung ab?

Zu den akzeptierten Gründen für einen Reiseabbruch zählen ausschließlich nicht absehbare Gründe, die während des Urlaubs auftreten. Dazu gehören vor allem:

  • Naturkatastrophen (Sturm, Erdbeben, Hochwasser etc.)
  • Unerwarteter Beginn einer beruflichen Tätigkeit (wenn der Versicherte zuvor arbeitslos gemeldet war)
  • Unerwarteter Arbeitsplatzverlust während der Reise

Im Regelfall übernimmt der Versicherer den jeweiligen Wert des Resturlaubs. Darunter fallen etwa bereits bezahlte, aber nicht in Anspruch genommene Hotelübernachtungen, Kurse, Veranstaltungen und Touren, zumeist auch die Rückreisekosten.

Optional lässt sich bei vielen Versicherern sogar ein Diebstahl oder Raub als Reiseabbruchgrund vertraglich fixieren. Auch ist es möglich, sich gegen Mehrkosten zu versichern, die etwa auftreten, wenn der Urlaub wegen einer Krankheit oder eines Unfalls unfreiwillig verlängert werden muss.

Schlussfolgerungen für Versicherungswillige

Egal ob RRV oder RAV, all die zuvor genannten Ausschlussgründe und optionalen Zusatzleistungen gelten nicht für alle Versicherer. Stattdessen ist deren Leistungsumfang höchst unterschiedlich. Daher sollten Sie sich vor dem Abschluss einer RRV darüber genau informieren, welche Gründe der Reiseversicherer als Reiserücktritt respektive Reiseabbruch akzeptiert und dabei auch Ihre individuelle Situation sowie die Art und Länge des geplanten Urlaubs berücksichtigen. Bei Familien mit Kleinkindern beispielsweise tauchen in der Regel völlig anders geartete Urlaubshinderungsgründe auf als bei alleine reisenden Rucksacktouristen.

Darüber hinaus existiert bei den allermeisten RRV und RAV ein Selbstbehalt. Dieser beträgt üblicherweise 25 Euro und sollte diese Summe auch nicht überschreiten.

Faustregel

Für alle Versicherer gilt: Je näher der Reiseantritt rückt, desto höher fallen die Stornogebühren aus. Die meisten Versicherer haben da ihr ganz eigenes, gestaffeltes Stornosystem.

Der Grenzfall: Reiserücktritt wegen Krankheit

Erhebliche Unterschiede bei der Akzeptanz von Reiserücktritts- und auch Reiseabbruchgründen gibt es bei Krankheiten oder auch bei einem Unfall. Viele Versicherer verlangen in diesen Fällen eine Eigenbeteiligung von 20 Prozent oder sogar mehr. Gerade der Krankheitsfall ist oftmals der Grund für erhebliche, juristische Streitereien mit dem Versicherer. So ist etwa in den meisten Verträgen nur sehr allgemein von einer „unerwartet schweren Erkrankung“ die Rede.

Aber was heißt schon „schwer“? Eine Nasennebenhöhlenentzündung dürfte kein hinreichender Grund dafür sein, einen bereits gebuchten Strandurlaub zu stornieren. Anders schaut es aus, wenn dieser Strandurlaub eigentlich nachweisbar als Tauchurlaub geplant war. Mit einer Nasennebenhöhlenentzündung sollte man nicht tauchen, folglich kann diese Krankheit in diesem Fall als legitimer Grund dafür gelten, den Urlaub abzubrechen oder gar nicht erst anzutreten.

Insbesondere chronisch Kranke sollten die krankheitsbedingten Leistungsausschlussgründe genauestens unter die Lupe nehmen.

Am Klügsten ist es, bei einer anbahnenden Krankheit den Versicherer möglichst frühzeitig zu kontaktieren, statt im Vertrauen darauf, dass die Versicherung die Reisekosten schon übernehmen wird die Reise voreilig zu stornieren oder abzubrechen. Denn die Versicherten sind gegenüber ihrer Versicherung grundsätzlich zur Schadensbegrenzung verpflichtet.

Die Stiftung Warentest nimmt Anbieter von RRV und RAV regelmäßig unter die Lupe

Die Stiftung Warentest hat in einem Anfang 2018 durchgeführten, umfangreichen Vergleichstest 102 Reiserücktritts-Tarife von 15 Versicherern auf Herz und Nieren geprüft – und dabei drei Versicherer gefunden, die sogar bei einem Reiserücktritt nach Terroranschlägen zahlen. Allerdings konnte keiner der RRV-Versicherer mit sehr gut abschneiden, fünf Tarife wurden sogar mit mangelhaft bewertet. Besser schaute es bei den RAV-Anbietern aus.

Bei einem im Februar 2018 durchgeführten Test der Stiftung Warentest fiel keiner von 90 Tarifen durch, nur die Generali und die Zürich Versicherung erhielten die Bewertung mangelhaft. Der Rest verteilte sich auf die Noten sehr gut bis ausreichend.

Worauf Sie achten sollten

Bleibt also festzuhalten, dass Sie sich vor Abschluss einer RRV und/oder RAV gut informieren sollten. Achten Sie insbesondere auf die Ausschluss- und Selbstbehaltkosten und berücksichtigen Sie Ihre persönliche, finanzielle und familiären Situation sowie den Wert des geplanten Urlaubs. Denn eine RRV ist teurer als man erwarten sollte: Sie kostet für einen gerade mal 1000 Euro teuren Singleurlaub bereits mindestens 40 Euro.

Sowohl RRV als auch RAV lohnen sich daher eigentlich nur bei besonders hochwertigen Urlaubsreisen.

Written by Captain Geld