Die Arbeitsunfähigkeitsversicherung (AUV) ist heutzutage weit mehr als ein Synonym für die Berufsunfähigkeitsversicherung (BUV). Sie wird längst von vielen Versicherungsunternehmen zusätzlich angeboten und bietet gegenüber der BUV interessante Vorteile.

Die gegenüber der Berufsunfähigkeit weitaus umfassendere Arbeitsunfähigkeit fällt grundsätzlich in die Kompetenz der gesetzlichen Pflege-, Renten- und Krankenversicherung. Jedoch sind deren Leistungen – die sogenannte Arbeitsunfähigkeitsrente – derart gering, dass eine zusätzliche, private Absicherung für abhängig Beschäftigte – vor allem aber für Selbständige – durchaus angeraten erscheint.

AUV und BUV – Nomen est (nicht immer) omen

Sowohl die AUV als auch die BUV werden stets als private Einzelversicherung, respektive als Risikolebensversicherung oder zusätzliche Rentenversicherung abgeschlossen. Leider existiert keine gesetzliche Sprachregelung oder abgrenzende Definition der Begriffe AUV und BUV. Die Übergänge sind daher fließend, manchmal sogar widersprüchlich. Nicht wenige der als AUV titulierte Versicherungsverträge entpuppen sich bei näherer Hinsicht eher als BUV und umgekehrt.

Wenngleich viele Versicherungsunternehmen mit dem umfassenden Begriff der AUV werben, so handelt es sich oftmals nur um eine leicht aufgepeppte Variante der Berufsunfähigkeitsversicherung. Die nachfolgenden Hinweise dienen daher auch und gerade der näheren Klassifizierung, um welche Art von Vertrag es sich jeweils abseits seiner Titulierung handelt.

Tipp: Unerlässlicher Bestandteil jeder Arbeitsunfähigkeitsversicherung: Der Verzicht auf die abstrakte Verweisung

Anders als eine Berufsunfähigkeitsversicherung sollte eine Arbeitsunfähigkeitsversicherung stets eine Klausel über den Verzicht auf die sogenannte abstrakte Verweisung enthalten. Hinter diesem merkwürdigen Begriff verbirgt sich die Erlaubnis des Versicherungsunternehmens, dem Versicherten praktisch jede berufsfremde Tätigkeit zuzumuten, bevor sie zahlt. Fehlt dieser wichtige Verzichts-Passus, ist die Versicherung berechtigt, dem Versicherten jede andere erdenkliche Arbeit zuzumuten, bevor sie zahlt. Folglich würde es sich dann eher um eine Berufsunfähigkeitsversicherung handeln.

Wann greift die Arbeitsunfähigkeitsversicherung?

Die private AUV greift in der Regel dann, wenn während zumindest der nächsten sechs Monate aus gesundheitlichen Gründen keinerlei berufliche Tätigkeit ausgeübt werden kann oder sobald eine Berufsunfähigkeit von mindestens 50 Prozent vorliegt.

Die drei wesentliche Unterschiede und Vorzüge der AUV gegenüber der „normalen“ BUV

  • Eine Feststellung der Berufsunfähigkeit ist nicht erforderlich. Das Verfahren ist also wesentlich einfacher. AUV-Versicherte erhalten daher Ihre Rente wesentlich schneller und einfacher als BUV-Versicherte
  • Ein Rentenanspruch besteht selbst dann, wenn nach späterer Prüfung keine Berufsunfähigkeit festgestellt wird
  • Leistungen der BUV werden bei einem Invaliditätsgrad von unter 50 % oftmals abgelehnt. Die AUV dagegen zahlt grundsätzlich bei chronischer Krankheit – und das unabhängig vom Grad der Invalidität.

Aus gutem Grund eine weit verbreitete Versicherungsform

Nach Angaben des statistischen Bundesamtes sind derzeit über die Hälfte aller Berufstätigen in Deutschland in Besitz einer Arbeits- oder Berufsunfähigkeitsversicherung.

Laut der Deutschen Rentenversicherung und dem Frankfurter Fresenius-Institut ist dabei in den letzten 18 Jahren der Anteil der Personen, die aufgrund ihrer Psyche arbeitsunfähig wurden, von 14,5 auf 41,9 Prozent gestiegen.

Bei privaten Versicherern kann daher eine AUV sowohl im Fall von körperlichen als auch bei seelischen Gebrechen abgeschlossen werden.

Voraussetzung dafür ist, dass der Versicherungswillige die entsprechenden Grundvoraussetzungen erfüllt und die spezifischen, berufsgruppenrelevanten Einschränkungen beachtet.

Der Gesundheitscheck

Vor Abschuss einer privaten AUV muss der Versicherte genau wie bei der BUV wahrheitsgetreu Auskunft über seinen gesundheitlichen Zustand geben. Dazu gehören insbesondere Angaben über Vorerkrankungen sowie drohende und bestehende akute oder chronische Erkrankungen – aber auch psychische Probleme, welche seine allgemeine Arbeitsfähigkeit tangieren. Wer hier nicht umfassende und vollumfängliche Angaben macht, läuft Gefahr, im Schadensfall keine Versicherungsleistungen zu erhalten, und sich stattdessen die außerordentliche Kündigung seines Versicherungsvertrags einzuhandeln.

Andererseits werden Versicherte, die bereits über einer umfassende Krankheitschronik verfügen in eine höhere Schadensklasse eingestuft. Dies führt zu deutlich höheren, monatlichen Prämien sowie Leistungsausschlüssen – bis hin zur kompletten Weigerung, den Anfragenden eine Versicherungspolice anzubieten.

Datenschutz-Tipp

Wer sich aufgrund einer Vorerkrankung nicht sicher ist, ob er einen AUV angeboten bekommt, sollte die ausgewählten Versicherungsunternehmen anonym und vorab befragen. Auf diese Weise erfährt der Fragesteller, bei welchem Versicherer er trotz Vorerkrankung unterkommen könnte und stellt zugleich sicher, dass seine Krankheitsdaten nicht im Hinweis- und Informationssystem (HIS) abgespeichert werden. Dieses wird gemeinsam von den bundesdeutschen Versicherern betrieben, um dort versicherungsrelevante Daten sämtlicher, bekannter Versicherungswilligen auszutauschen.

Wer einmal in dieser Warnliste steht (und um eine solche handelt es sich streng genommen), hat oftmals keine Chance auf einen AUV-Vertrag, selbst wenn eine eventuelle Vorerkrankung noch so viele Jahre zurückliegt.

Die Prämienhöhe bemisst sich auch und vor allem nach Beruf und Hobby

Manche Berufsgruppen werden übrigens – genau wie bei der BUV – auch von den AUV-Anbietern als besonders risikobehaftet eingestuft. Diese werden es schwer haben, eine AUV zu einigermaßen günstigen Konditionen abschließen zu können. Dazu zählen insbesondere:

  • Krankenschwestern
  • Piloten
  • Selbständig tätige Künstler
  • Dachdecker
  • Gerüstbauer
  • Fliesenleger
  • Extremsportler
  • Köche
  • Wachleute
  • Tanzlehrer
  • Schreiner
  • Tierpfleger
  • Glaser
  • Gärtner
  • Kellner

Auch das Ausüben besonders risikobehafteter Hobbies wie etwa Free-Climbing, Fallschirmspringen, Eishockey, Bungee-Jumping etc. kann den Abschluss einer Arbeitsunfähigkeitspolice verhindern. Um überhaupt die Chance auf eine Solche zu erhalten, müssen die benannten Personen- und Berufsgruppen nicht nur begnadete Verhandler sein, sondern darüber hinaus dazu bereit sein, trotz eklatanter Leistungsausschlüsse unmäßig hohe Prämien zu bezahlen.

Die Qual der Versicherungswahl

Auf dem Markt tummelt sich mittlerweile eine unüberschaubare Heerschar von Versicherungsunternehmen, welche die verschiedensten Varianten von AUV-Versicherungen anbieten. Viele davon wurden trotz ihres Titels maßgeschneidert auf bestimmte Berufsgruppen, greifen aber auch bei nicht (weiter) ausübbaren Tätigkeiten außerhalb der erlernten oder derzeit ausgeübten, beruflichen Tätigkeit.

Über die Höhe der monatlichen Prämien entscheiden die folgenden Faktoren:

  1. Versicherungslaufzeit
  2. Eintrittsalter
  3. ausgeübter Beruf
  4. angestrebte Rentenhöhe
  5. eventuelle Vorerkrankungen und risikobehaftete Hobbies

Als Faustregel gilt: je körperlich anstrengender und risikobehafteter der Beruf ist, desto höher fällt die monatliche Rate aus, je früher sie abgeschlossen wird, desto niedriger ist die Monatsprämie.

So kann die Monatsprämie eines Handwerkers verglichen mit dem einer Bürokraft doppelt so hoch ausfallen – selbst dann, wenn sämtliche anderen relevanten Indikatoren bei beiden Personen identisch sind. Aber auch das Alter ist wichtig. Denselben Gesundheitszustand vorausgesetzt ist die Monatsprämie bei einem 40 Jährigen rund 40 Prozent höher als bei einem 30- jährigen. Schüler und Studenten bekommen demzufolge einen besonders günstigen Tarif. Der beginnt für sie je nach Höhe der im Versicherungsfall zu erwartenden Rente sowie Laufzeitlänge bei etwa 15 Euro monatlich. Die Vertragskonditionen bleiben übrigens selbst dann bestehen, wenn der Schüler später einen risikoreichen Beruf ausüben sollte. Daher kann es durchaus eine Überlegung wert sein, möglichst frühzeitig eine AUV abzuschließen.

Bei Vergleichsrechnern im Internet genau hinsehen!

Wer auf der Suche nach einer AUV ist, sollte einen Vergleichsrechner zu Rate ziehen. Dieser findet sich in vielen Varianten und zuhauf im Internet.

Unbedingt zu beachten ist dabei allerdings, dass hinter den allermeisten dieser Online-Vergleichsrechner ein konkretes Versicherungsunternehmen steht, und dass dies oftmals nicht so leicht erkennbar ist. Das Impressum erteilt in vielen Fällen Auskunft. Allerdings nicht immer, denn allzu gerne verschleiern manche Versicherer ihren Namen und betreiben eine anscheinend neutrale zweite Website unter einem Tarnnamen oder kooperieren diesbezüglich mit einem Partnerunternehmen, ohne explizit genannt zu werden.

Mit der gebotenen Skepsis sollten daher auch die Ergebnisse und Ratschläge solcher Webseiten betrachtet werden. Verzichten Sie besser gleich ganz darauf und halten Sie sich lieber an garantiert unabhängige Vergleichstests von renommierten Betreibern wie etwa den Verbraucherverbänden oder der Stiftung Warentest. Letztere vergab übrigens bei einem Mitte 2016 durchgeführten Versicherungsvergleich gleich 31 von 74 Anbietern von Arbeits- und Berufsunfähigkeitsversicherungen die Note sehr gut.

Written by Captain Geld