Die Versicherungsbranche gilt als wenig aufgeschlossen gegenüber Innovationen. Gegenwind kommt jetzt von InsurTechs. Dabei handelt es sich um Start-ups, die voll auf den Zug der Digitalisierung aufgesprungen sind und langsam aber sicher das Tempo in der Branche vorgeben. Welche Technologien setzen Akzente in der Versicherungswirtschaft und wie sieht die Versicherung der Zukunft aus?

Veraltete Denkprozesse beherrschen immer noch die Versicherung“sbranche

Spätestens seit die Bundeskanzlerin den Verdacht äußerte, dass Deutschland die Digitalisierung verpassen könnte, ist der Begriff zum Schlagwort avanciert. Kurz gesagt, geht es bei der Digitalisierung darum, dass Daten in digital nutzbare Formate umgewandelt werden. Viele werden sich noch daran erinnern, wie sie noch vor ein paar Jahren Überweisungen von Hand ausgefüllt und bei der Bank abgegeben haben.

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Verträge werden heute nicht mehr mit der Post versendet, sondern gleich an den Partner als PDF mit digitaler Unterschrift verschickt. Dabei handelt es sich lediglich um Vorstufen zur vollständigen Digitalisierung – denn der einzige Unterschied ist, dass für einen Arbeitsschritt einfach digitale Medien genutzt werden. Genau auf diese Stufe blieb die ohnehin als konservativ geltende Versicherungsbranche lange Zeit stehen.

Erst seit Kurzem setzt bei den Branchenriesen die Trendwende ein und Versicherungsprodukte und die dazugehörigen Serviceleistungen werden nicht nur teilweise, sondern verstärkt online angeboten. Damit wird langsam, aber sicher auf veraltete IT-Strukturen, langwierige Prozesse und die Denkweise, dass ein Versicherer die Schadensregulierung möglichst lange vermeiden sollte, reagiert.

Die konventionellen Versicherer reagieren zu langsam auf die Digitalisierung

Damit wird nicht zuletzt auf das geänderte Kundenverhalten reagiert. Gerade die junge Generation ist internetaffin und verlangt, dass Produkte und Dienstleister der Versicherer sich an ihre Bedürfnisse anpassen. Kaum jemand kommt noch auf die Idee, den Versicherungsmakler, dem der eigene Vater jahrzehntelang das Vertrauen schenkte zu bemühen, weil für die erste eigene Wohnung eine Hausratversicherung fällig wird. Genauso wenig haben Kunden heute Lust, mehrere Minuten in der Hotline zu vertrödeln, um eine Schadensmeldung vorzunehmen, auf den Brief mit dem Rückkaufswert der Lebensversicherung zu warten oder lange Kündigungsfristen einzuhalten, weil es ein günstigeres Angebot gibt.

Diese Anliegen lassen sich im Alleingang auf Onlineportal und App erledigen – sogar der Vertragsabschluss, der mittlerweile komplett digital möglich ist. Die Digitalisierung in der Versicherungsbranche freut nicht nur den Kunden – lästiger Papierkram entfällt auch für die Mitarbeiter, Kennzahlen und Kundendaten werden einfach mit Apps abgerufen. Das spart nicht nur Arbeitsaufwand ein, sondern auch Kosten. Im Idealfall wird dieser Vorteil durch günstigere Beiträge an den Kunden weitergegeben. Das Problem: Nicht jede Innovation, die eine Digitalisierung der Versicherungsbranche vorantreibt, stößt in Vorstandsetagen auf Resonanz. Entscheidungen fallen zeitverzögert, Implementierung von Software und Schulungen für das Personal kosten Geld.

Der Kunde wartet jedoch nicht und sucht sich Anbieter, die ihm vollumfänglich digital ein rundes Paket aus Preis, Leistung und Service offerieren.

InsurTechs schöpfen neue Technologien voll aus

Maßstab der aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung in der Versicherungsbranche sind die sogenannten InsurTechs. Dabei handelt es sich um Start-ups, die das Potenzial neuer Technologien voll ausschöpfen. Sie nutzen Smart Data nicht, um Vorfälle der Vergangenheit zu analysieren, sondern um Prognosen für die Zukunft zu treffen. Mit künstlicher Intelligenz können im Bereich Predictive Risk Management Risiken besser eingeschätzt werden. Das betrifft nicht nur Schadensquoten, sondern auch Betrug, was die Kundenzufriedenheit steigen lässt.

Als Grundlage innovativer Versicherungsmodelle nutzen sie außerdem die Blockchain. Transaktionen werden dabei digital erledigt und nicht mehr zentral gespeichert, was auch zur Anonymisierung der Nutzerdaten beiträgt. So entsteht nebenbei eine Vertrauensbasis zwischen Versicherer und Kunden. Genutzt wird die Blockchain hauptsächlich im Bereich Smart Contracts, was bedeutet, digitale Verträge greifen sofort, sobald bestimmte vorab definierte Ereignisse oder spezielle Trigger eintreffen.

InsurTechs geben in der Versicherungsbranche den Takt an

InsurTechs gehen Kooperationen mit etablierten Versicherungen ein, nutzen mittlerweile jedoch verstärkt eigene Lizenzen, um ihre innovativen Produkte auf den Markt zu bringen. In Deutschland wird zunehmend mehr Kapital in digitale Start-ups investiert und die InsurTechs sind vorne mit dabei. Ein Beispiel ist Coya. Das Berliner InsurTech existiert seit zwei Jahren und setzt auf flexible Verträge, die komplett digital abgewickelt werden und eine kurze Kündigungsfrist haben.

AGB mit 20 Seiten gibt es bei Coya nicht – dafür transparente Versicherungen mit kurzen Kündigungsfristen, da der überdimensionierte Verwaltungsapparat konventioneller Versicherungen fehlt. Wer bei einem InsurTech wie Coya einen Vertrag abschließt, gibt die persönlichen Daten ein, den gewünschten Schutzumfang und akzeptiert danach das digital servierte Angebot. Das geht sogar vom Smartphone aus. Durch diesen schlanken Prozess ist es möglich, Policen wie eine Hausratversicherung schon für unter zwei Euro im Monat anzubieten, wobei Verträge täglich kündbar sind. Ein Unding bei klassischen Versicherungen, aber ein Modell, das den Nerv der jüngeren Generation trifft.

Während viele große Gesellschaften sich immer noch fragen, warum sie die Smart Data, Blockchain & Co. vorantreiben sollten und gar nicht erst nach dem Wie forschen, sind die InsurTechs längst in der Zukunft angekommen: Sie begleiten den Kunden nicht nur im Notfall digital, sondern auch durch den Alltag.

Written by Captain Geld